Die Geschichte der schweigenden Frauen – von Bina Shah

Die Geschichte der schweigenden Frauen – von Bina Shah

September 15, 2019 2 Von LisasBuecherleben

Dieses Buch ist mir auf der Leipziger Buchmesse begegnet. In letzter Zeit habe ich einen Hang zu Literatur von, über, mit Frauen – und habe mich darum mal auf dieses dystopische Experiment hier eingelassen.


Das Szenario: In ferner Zukunft hat die Menschheit (mal wieder…) ein mysteriöses Virus heimgesucht. Aufgrund dieser Krankheit, Krieg und vorgeburtlicher Geschlechtsauswahl sind Frauen gesellschaftlich extrem unterrepräsentiert. Aus dem Grund haben die Menschen ein ziemliches Nachwuchsproblem – um ihren Erhalt zu sichern, werden Frauen zwangsverheiratet, oft gleich mehrfach. Jede einzelne Frau soll nach Kräften dazu beitragen, Kinder in die Welt zu setzen.
Doch manch eine widersetzt sich dem System. Im Untergrund gründet sich eine Gesellschaft von Frauen, die unerkannt, illegal und gegen Bezahlung den Männern das bieten, was sie regulär nicht mehr bekommen können: Bedingungslose Zuneigung.

Die Schwächen dieses Buches sind ziemlich zahlreich – ich versuche mich mal an einer Aufzählung…

Problemlösung
Die Autorin stellt uns hier vor ein ziemlich massives, gesellschaftliches Problem, das die Grundlage zu ihrer Idee bietet – und löst es dann nicht auf. Der Plot verläuft im Nichts, das Ende löst nichts auf, sondern beendet auf ziemlich frustrierende Weise den Handlungsverlauf unserer Protagonistin. Meh

Emotionen
„Die Geschichte der schweigenden Frauen“ brandet über vor Emotion. Häufig hatte ich das Gefühl, dass der 479524. emotionale Ausbruch der Protagonistin über den eher seichten Spannungsverlauf hinwegtrösten sollte. Was, in der Handlung passiert nichts? Lass doch jemanden einen fünfseitigen Monolog über irgendwas Traumatisches halten.
Klar, ich bin mir der Situation bewusst: Alles, was hier passiert IST emotional. Dennoch erschien mir das Verhältnis von „Die Handlung vorantreiben“ und „Die Protagonistin leiden lassen“ nicht ausgewogen.

Motivationen?
Es gibt mindestens eine Figur im Buch, die sich dem „Widerstand“ anschließt, ohne dass sich mir ihre Motivation dazu erschlossen hätte. Sie spielt eine essenzielle Rolle – ohne sie hätte der Plot nicht so verlaufen können, wie er verlaufen ist. Und gerade deswegen habe ich keine Ahnung, warum sie tut, was sie tut.
Dabei sind die handelnden Charaktere sonst wunderbar ausgearbeitet! Die Charakterentwicklung und die Motive aller Personen erscheinen mir klar und nachvollziehbar, wenn auch die Protagonistin nicht der sympathischste Mensch der Welt ist. Und dann ist da dieser eine Mensch, der mich wirklich stört.

Insgesamt ist „Die Geschichte der schweigenden Frauen“ ein Buch, hinter dem eine wunderbare Idee steckt. Und das ist auch die Grundlage von allem, was hier passiert. Eine Idee, ein Szenario. Davon ab erschien mir die Handlung nicht ausgearbeitet, der Spannungsverlauf nicht durchdacht, Missverständnisse wurden nicht aufgeklärt, Angefangenes schien unvollständig. Superschade, denn hier wurde unfassbar viel Potenzial verschenkt!


Bina Shah: Die Geschichte der schweigenden Frauen.
Erschienen am 5. April 2019 im Golkonda Verlag.
Kostenpunkt: 22,00€ als Hardcover

Hier gehts direkt zum Buch.

Klappentext:
In der modernen Metropole Green City, der Hauptstadt von Südwest-Asien, ist das Verhältnis von Männern und Frauen aufgrund von vorgeburtlicher Geschlechtsauswahl, Krieg und Krankheit extrem unausgewogen. Mithilfe von Gewalt und Technologie hält die Regierung die Bevölkerung unter Kontrolle, und Frauen sind verpflichtet, mehrere Ehemänner zu haben, um so viel Nachwuchs wie möglich mit diesen zu zeugen.
Doch es gibt Frauen, die Widerstand leisten, Frauen, die sich im Untergrund zu einem Kollektiv zusammengeschlossen haben, Frauen, die sich weigern, Teil dieses Systems zu sein. In ihren nächtlichen Diensten bieten sie etwas an, das sich niemand erkaufen kann: Intimität ohne Sex.