Drei Worte – von Sabine Wirsching
Hachja, Lisa und die Liebesromane. Irgendwie ist das so eine Hassliebe – ich mag sie in den seltensten Fällen, aber irgendwie lasse ich mich doch immer wieder hinreißen, weil mich ein Cover, ein Klappentext, eine Grundidee anspricht. Meistens werde ich von meiner Experimentierfreude enttäuscht. Dieses Mal nicht.
Als Milka und Till sich kennenlernen, trifft beide der Schlag. Romantischer, kitschiger, gefühlvoller kann’s nicht werden! Die beiden können nicht mehr ohne einander, sind sich sicher – das ist es. Aber irgendwas stimmt nicht mit Till. Milka sieht sich bald mit einer Seite von ihm konfrontiert, mit der sie nicht umgehen kann. Und so beginnt ein ewiges Auf und Ab. Und was jetzt extrem klischeehaft für das Genre klingt, ist es gar nicht. Nicht die Bohne.
Denn dieser Roman behandelt unter anderem das Thema „Depression“.
Und wow, hat mich das mitgenommen. Denn das Buch kommt eher leise daher, lässt sich Zeit, seinen Lesern die Beziehung zwischen Till und Milka näherzubringen. Lässt sich Zeit, Tills Gedankengänge und Milkas Reaktionen darauf zu erklären. Und das ist unheimlich wichtig. Denn Depressionen sind eine Krankheit, mit der man sich nicht mal eben zwischen Tür und Angel auseinandersetzt, das man mithilfe von Stereotypen und mittelmäßiger Recherche abfrühstücken könnte. Und so konnte ich mich besonders mit Milka großartig identifizieren.
Der Autorin ist es unheimlich elegant gelungen, mich – die ich immer dachte, ich könnte das einfach nicht nachvollziehen, weil es mich nicht betrifft – in diese Gefühlswelt reinzuziehen. Dazu trägt auch die zwischen beiden Protagonisten wechselnde Erzählperspektive bei. Und letztendlich wird klar, warum Milkas verzweifelte Versuche, Till „wieder fröhlich zu machen“ völlig inkompatibel mit seinen Gedankengängen sind. Denn Till ist nicht einfach traurig.
Parallel zu all diesen Irrungen und Wirrungen konfrontiert uns „Drei Worte“ auch mit dem Leben, Feiern, der Musik (!) und den Problemen aller handelnden Personen – klingt viel, sorgt aber zwischen dem doch sehr ernsten Tonus für eine große Neugier auf die nächsten Seiten.
„Drei Worte“ ist eine Liebeserklärung an die Stadt Berlin. Milka und Till treffen sich und leben in Berlin, sie besuchen Orte innerhalb des Stadtgebietes, die man als Berliner kennen würde, als Außenstehender mindestens mal gehört hat. Im Nachwort wird dann auch noch einmal die Verbindung zur Partyszene Berlins in den 90er Jahren gezogen, die immer wieder durchklingt, aber nie unvernünftig vordergründig wird. Die vielen Lieder, die Till und Milka durch ihre Geschichte begleiten, wünsche ich mir übrigens mal übersichtlich in einer Playlist zusammengestellt – einfach wunderbar!
Mein Fazit: „Drei Worte ist ein vielschichtiges, kluges Buch, das es versteht, den Leser in die Gefühlswelt seiner Protagonisten hineinzuziehen. Die Handlung bleibt lebensweltlich, sie wird nicht mit Stereotypen oder Klischees beladen, um eine reißerische Sensationsgier zu befriedigen. Das wird mich noch lange beschäftigen…
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung an alle, die rosarote Liebesromane satt haben und sich mit der Thematik auseinandersetzen wollen.
Sabine Wirsching: Drei Worte. Erschienen am 14. Februar 2018 im kladde|buchverlag. Kostenpunkt: 18,00€ als Taschenbuch.
Klappentext:
“Klar ist der Anfang immer schön. Der Anfang ist immer Granate, sonst würde sich das ja keiner geben.” – Milka verliebt sich in Till, Till verliebt sich in Milka und alles könnte perfekt sein. Könnte. Denn Till hat eine dunkle Seite, gegen die Milka nicht ankommt und an der ihre Beziehung nach einem märchenhaften Start bald zerbricht. Doch kann Milka Till wirklich gehenlassen?