Blogtour – Buch im Kontext: Wie funktioniert das Tätowieren?

Blogtour – Buch im Kontext: Wie funktioniert das Tätowieren?

August 30, 2018 8 Von LisasBuecherleben

Die Blogtour rund um das Buch „Der Tätowierer von Auschwitz“ hat uns schon durch die Gedenkstätte Neuengamme geführt, uns über die Häftlingshierarchien in Konzentrationslagern aufgeklärt und die Kennzeichnungsmethoden dort erläutert. Bei mir soll es heute um die Tattoos an sich gehen. Wie hält sich eigentlich so ein Tattoo und wie wird es gestochen? Gespannt sein dürft ihr noch auf die Beiträge bei Kielfeder, Lesefreude und Ink of Books.

Lale ist durch eine Verkettung von Umständen der Tätowierer von Auschwitz geworden. Im fallen dabei verschiedene Privilegien zu, die er nutzt, um anderen zu helfen. Dafür muss er tagtäglich die Neuankömmlinge im Lager mit ihrer Identifikationsnummer auf dem Unterarm versehen. Wie hält die Tinte in der Haut und welche Methoden wendet Lale zum Stechen an? Wie funktioniert überhaupt so ein Tattoo?

Fangen wir vorne an.

Polynesischer Tätowierkamm, etwa von 1770. Quelle: Weltmuseum Wien. https://bit.ly/2wyeyx2

Der Brauch des Tätowierens ist uralt. Schon an der Mumie „Ötzi“ fanden sich gefärbte Einritzungen in der Haut – auch in Oberägypten entdeckten ArchäologInnen kürzlich zwei Mumien, die Tätowierungen aufwiesen. Beide diese Funde sind etwa 5300 Jahre alt, bei zweiterem vermuten Forscher* sogar einen rein kosmetischen Zweck, denn die Tattoos wurden an sichtbaren Stellen getragen und enthielten eine recht deutliche Symbolik. Die Art und Weise, wie die Farbe unter die Haut gebracht wurde, lässt sich dabei natürlich nicht mehr rekonstruieren – es gibt allerdings noch immer eine große Vielfalt an Werkzeugen dazu. Neben der elektrischen Tätowiermaschine, wie wir sie kennen, findet sich zum Beispiel bei den Völkern Polynesiens der traditionelle Tätowierkamm, mit dem Linienmuster in die Haut geklopft werden. Auch das Einschneiden der Haut mit anschließendem Einreiben der Stelle mit Asche, Tinte o.ä. wird noch praktiziert. Eine weitere Möglichkeit ist das Stechen mithilfe einer mit Faden umwickelten Nadel, die in Tinte getränkt wird.

So oder so: Das Ziel all dieser Methoden ist dasselbe: Die Farbe muss in die zweite Hautschicht gebracht werden. Dazu muss die Nadel komplett durch die oberste Hautschicht – die Epidermis – in die zweite Hautschicht – die Dermis – eingestochen werden. Sticht man zu tief, fängt das Tattoo an zu bluten und die Farbe wird wieder ausgeschwemmt. Sticht man zu oberflächlich, wachsen die Farbpigmente aus der sich ständig erneuernden Hautschicht heraus und verschwimmen.

Einbringen der Farbpartikel in die zweite Hautschicht. Hier durch drei Nadeln. Quelle: Dokumentation von Quarks & Co. https://bit.ly/2MFzU6R

Die Farbpartikel sind Fremdkörper. Nachdem der Körper also den ersten Brandherd, die vielen Nadeleinstiche, bekämpft hat, wird er mit dem Abbau der Farbe in der Haut beginnen. Dieser Abbau ist der Grund für das Altern eines Tattoos. Kleine Farbpartikel werden zerteilt und abtransportiert, sie landen zum Beispiel in den Lymphknoten. Einige der Farbpartikel sind jedoch zum Abbau zu groß – sie werden eingekapselt und verbleiben unter der Haut. Jedes Tattoo ist mehr oder weniger stark diesem Abbauprozess unterworfen – die Farben werden etwas weniger intensiv, Konturen „wandern“ ein wenig. Ein vollständiger Abbau erfolgt jedoch nicht von selbst.
Durch den Einsatz von Lasern können heute auch sehr alte Tattoos wieder entfernt werden. Was passiert? Die großen, eingekapselten Farbpartikel in der zweiten Hautschicht werden durch die Hitze zerlegt. Sie sind dann ebenfalls klein genug für den Abbau durch den Körper. Wer Lust hat, sich dazu weitere Infos einzuholen (und einen negativen Grundton gegenüber Tattoos ausblenden kann), dem/der sei diese Doku von Quarks & Co empfohlen.

Nadelstempel, die in Auschwitz zur Kennzeichnung der Insassen verwendet wurden. Quelle: The Telegraph. https://bit.ly/2zfH2k0

Wie genau Lale in „Der Tätowierer von Auschwitz“ die Nummern auf die Unterarme seiner Mithäftlinge bringt, wird im Buch nicht explizit erwähnt. Historisch belegt ist der Einsatz von Nadelstempeln, die in Reihe in einem Holzblock angeordnet und dann in die Brust eingeschlagen wurden. In die frische Wunde wurde Tinte eingerieben. Ihr könnt euch ungefähr vorstellen, wie hoch das Infektionsrisiko gewesen sein muss – zumal ich nicht davon ausgehe, dass die Nadeln nach jeder* Tätowierten desinfiziert wurden…
Später stach man die Nummern von Hand mit einer einzelnen Nadel – dann eben auf den Unterarm. Auch diese Methode könnte durchaus die gewesen sein, die Lale anwenden musste. Im Buch tätowiert er ausschließlich auf dem Unterarm.
Fakt ist: Niemand wird sich dort je Gedanken gemacht haben, in welcher Hautschicht die Farbe sitzen muss oder wie ein Tattoo nach dem Stechen zu pflegen ist. Dieses Buch ist wirklich bewegend, schockierend und so, so wichtig…


Wenn ihr es selbst lesen wollt, habt ihr hier die Chance dazu – wir verlosen zweimal „Der Tätowierer von Auschwitz“ unter allen, die die Gewinnspielfrage auf jedem der teilnehmenden Blogs beantworten. Meine Frage für heute lautet:

Es gibt eine Gruppe junger Menschen, die sich im Gedenken an ihre Großeltern deren Häftlingsnummern aus Auschwitz haben tätowieren lassen. Wie steht ihr dazu?

 

 

Teilnahmebedingungen für das Gewinnspiel:
– Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist ab 18 Jahren möglich. Andernfalls ist eine Teilnahme nur mit Erlaubnis des Erziehungs-/Sorgeberechtigten möglich.
– Die Gewinner_innen werden per Los ermittelt.
– Die Teilnahme ist vom 27.08. bis zum 02.09. möglich, die Auslosung erfolgt am 03.09.
– Die Adressdaten werden nur zum Versand gespeichert und werden nach Zustellung des Buches gelöscht.
– Der Versand der Gewinne erfolgt nur innerhalb Deutschlands und Österreichs.
– Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
– Für den Postversand wird keinerlei Haftung übernommen.
– Eine Barauszahlung der Gewinne ist nicht möglich.
– Der Gewinner ist damit einverstanden, öffentlich genannt zu werden.
– Jede teilnahmeberechtigte Person darf einmal pro Tag an dem Gewinnspiel teilnehmen.
– Mehrfachbewerbungen durch verschiedene Vornamen, Nachnamen, Emailadressen oder ein Pseudonym sind unzulässig und werden bei der Auslosung ausgeschlossen.