Warum die Buchbranche die Buch|Berlin dringend gebraucht hat

Warum die Buchbranche die Buch|Berlin dringend gebraucht hat

Dezember 2, 2018 1 Von LisasBuecherleben

In Deutschland haben wir jährlich zwei richtig dicke Buchmessen. Die Frankfurter Buchmesse findet im Oktober statt, die Leipziger Buchmesse ist Ende März angesetzt. Auf beiden Events findet die Creme de la creme der Buchwelt zusammen – Verlage vernetzen sich mit DienstleisterInnen, Blogger und Bloggerinnen treffen sich auf einen Plausch mit Autor_innen, SelfpublisherInnen lernen Setzereien und Druckereien kennen.
In all den Trubel hinein ist die Buch|Berlin entstanden, eine kleinere und junge Buchmesse, die jedes Jahr (2019 zum sechsten Mal) im November in Berlin stattfindet – zuletzt im Mercure Hotel in Moabit. Ich war dort und möchte euch kurz erzählen, warum sie zu meinem Jahreshighlight avanciert ist :)!


Die Location

Es ist schon ziemlich souverän, in einem Hotel zu übernachten, in dem am nächsten Tag eine Buchmesse stattfindet. Man geht fix duschen und schlurft dann die Treppen runter, um direkt mitten im Trubel zu stehen. Aber das ist nicht der einzige Standortvorteil, den die Buch|Berlin hat. Sie ist klein – ergo nicht mit einem halben Marathon verbunden, wenn man alle Stände komplett abgehen möchte, man ist am Ende des Tages noch aufnahmefähig und nicht total erschlagen von Eindrücken. Klar, auch auf der Buch|Berlin ist viel los! Aber zwischen den Reihen ist immer noch Platz, um stehen zu bleiben und gemütlich zu reden. Auch schön: Die Lesungen finden in (ruhigen!) Räumlichkeiten statt, die direkt neben der Halle liegen, aber trotzdem eine Rückzugsmöglichkeit bieten. Auch die Gastronomie ist in eine Vorhalle ausgelagert.

Die Menschen

Auf der Frankfurter Buchmesse kommt die ganze Szene zusammen. Das bedeutet zwar, dass alle irgendwo rumspringen, man trifft sich aber ohne Verabredung (oder eigenen Stand) kaum auf dem Messegelände.
Die Buch|Berlin ist eine Messe, die sich an Kleinverlage und SelfpublisherInnen richtet. Alle machen ihr Marketing selber, viele sind einem online oder auf kleineren Events schon mal begegnet. Hier sind wirklich Menschen unterwegs, die für das Buchwesen brennen und Bücher lieben und um jeden Preis verwirklichen wollen! Großverlage und anonyme Anzugträger_innen – oder dubiose Dienstleister und Dienstleisterinnen, die einem auf Englisch ihr Papier aus dem Ausland andrehen wollen, haben hier den Fuß nicht in der Tür. Ich hatte eigentlich keine Chance, drei Meter weit zu kommen, ohne in ein nettes Gespräch verwickelt zu werden. Auf größeren Buchmessen neige ich eher dazu, flotten Schrittes von Termin zu Termin zu eilen, ohne wirklich die Blicke und Gedanken schweifen zu lassen.

Das Angebot

Auch auf der Leipziger Buchmesse gibt es einen Bereich, in dem besonders Kleinverlage und SelfpublisherInnen ausstellen. Auf der Buch|Berlin erweitert sich dieser Bereich auf die gesamte Messefläche und wird ergänzt von Künstlern und Künstlerinnen, Menschen mit verrückten, besonderen, außergewöhnlichen Ideen und reiheweise Tischen mit queerer Literatur. Dabei gibt es hohe Varianzen in der Qualität, ja – aber wer die Vielfalt in jedweder Hinsicht feiert, ist auf dieser Messe prima aufgehoben.
Für Kinderliteratur gibt es einen Extra-Raum, ebenso für die einzelnen Lesungen.
Auch schön: Am Eingang zur Messe bekommt jede/r Besucher/in eine Papiertüte mit Flyern, Postkarten, Leseproben und Goodies ausgewählter StandbesitzerInnen. Ich persönlich fand das dieses Jahr viel zu viel Papierkram – aber ich bin zuversichtlich, dass sich das einpendelt und mag eigentlich die Idee der Goodie-Willkommens-Tüte für Besucher und Besucherinnen der Messe.

Mein Fazit

Ich liebe die Buch|Berlin! Sie ist mehr eine Netzwerk-Messe für mich, als eine Verkaufs- und Werbungsplattform. Jedes Jahr lerne ich neue tolle Menschen kennen, darf bei den wunderbaren Büchergnomen unterkommen und quatsche mich an jeder Ecke fest. Hier kommen die Macher_innen und Schreiberlinge zusammen, die von den Riesen der Branche sonst übersehen oder sogar verlacht werden. In Berlin wird ihnen eine Plattform geschaffen und das sorgt einfach für eine ganz besondere Atmosphäre und einen literarischen Austausch anderer Art.
Im November in Berlin darf man irgendwie noch „anders“ sein.