Die Stationen eines Verlags – was tun wir hier eigentlich?
Seit neun Monaten arbeite ich nun in dem Verlag, der mich letztes Jahr eingeladen hat, ein Volontariat zu absolvieren. Und viel zu lange schon habt ihr nichts Neues mehr gehört. Was treibe ich eigentlich den ganzen Tag bei der Arbeit? Zeit für eine kleine Übersicht, wie „mein“ Verlag eigentlich so funktioniert.
Das Lektorat
Hier bin auch ich beschäftigt. Unsere Lektorin arbeitet direkt mit dem Geschäftsführer des Verlages zusammen. Gemeinsam entscheiden sie, welche Projekte verfolgt werden, welche Bücher wann und in welcher Auflage publiziert werden sollen. Hier fragen Autoren an, wenn sie ein Buch bei uns veröffentlichen wollen und hier werden die Verträge aufgesetzt, auf deren Grundlage auch der Inhalt der Bücher bearbeitet und ggf. gemeinsam verändert wird.
Eine Besonderheit des Verlages in dem ich arbeite: Bei manchen Buchprojekten wird auch der Buchsatz im Lektorat vorgenommen, der normalerweise ausgelagert wird. Auch die Kommunikation zur Herstellung findet manchmal hier statt, weil die Arbeit sehr projektgebunden ist und im Haus nicht so viele Mitarbeiter beschäftigt sind wie beispielsweise in einem großen Publikumsverlag.
Das eigentliche Korrekturlesen nimmt nur einen ganz kleinen Teil des Arbeitsalltags im Lektorat ein.
Das Marketing
Hier entstehen Kooperationen. Mit Reiseanbietern, die Sprachlehrwerke in ihre Newsletter aufnehmen, Bloggern oder Sprachlernhomepages, die Lust auf selten unterrichtete Sprachen haben. Außerdem werden hier Flyer und Vorschauen, Banner für die Verlagshomepage oder Anzeigen, die später in den Büchern abgedruckt werden, gestaltet. Eher selten kommt unser Verlag mit den Social Media in Berührung – als wissenschaftlicher Verlag erreichen wir in Universitätsbuchhandlungen und auf Fachkonferenzen unsere Zielgruppe besser.
Die Kundendatenbank wird bei uns auch vom Leiter der Marketingabteilung gemanaged und optimiert – genutzt wird sie allerdings hauptsächlich vom Vertrieb.
Der Vertrieb (und die Buchhaltung)
Unser Vetrieb ist die Schnittstelle „nach außen“. Hier gehen Bestellungen ein und werden ans Lager weitergeleitet, Buchhandlungen werden mit Werbematerial und Vorschauen versorgt. Meldet sich ein Kunde oder Vertreter mit einer allgemeinen Anfrage, landet er hier am Telefon. Unsere Buchhalterin kümmert sich außerdem darum, dass Rechnungen (z.B. über Paypal oder Kreditkarte) korrekt abgerechnet werden – alles Finanzielle (Reisekosten für Geschäftsreisen, Honorarauszahlungen an die Autoren, Gehälter, Steuergedöns) läuft über sie.
Außerdem organisiert der Vertrieb die Reise der Verlagsmitarbeiter zu Tagungen oder Messen, sodass unsere Lektoren sich nur noch in den Zug setzen und ankommen müssen. Die Arbeit hier ist ganz anders als in den anderen Abteilungen, weil Tagesgeschäft abgearbeitet wird und die Aufgabenerfüllung viel kurzfristiger vonstatten gehen muss.
Das Lager
Der Verlag, in dem ich arbeite, hat das Glück, das Verlagshaus tatsächlich zu besitzen und nicht nur angemietet darüber zu verfügen. Das ermöglicht ein kleines Lager gegenüber des Haupthauses, in dem täglich Bücher angeliefert und abgeholt werden, Bestellungen gepackt und verschickt und die populärsten Bücher eingelagert werden. Die Arbeit zwischen den Paletten ist teilweise ziemlich staubig, aber ich bin jedes Mal wieder begeistert von dem Lagersystem, das hier Anwendung findet.
Die Herstellung
Die Herstellung ist für die Umsetzung der Manuskripte (aus dem Lektorat) als Druck oder eBook zuständig. Das bedeutet: Jede Menge Kommunikation mit Druckereien. Ihr glaubt gar nicht, was man beim Druck einer simplen pdf-Datei alles beachten muss. CMYK- oder RGB-Farben? Welches Gewicht braucht das Papier? Welche Kaschierung? Sind alle Schriften im Text eingebettet? Offset- oder Digitaldruck? Ihr versteht nur Bahnhof? Dann geht’s euch wie mir am Anfang. Wenn das Manuskript vom Autor endlich fertig ist, ist es nämlich noch lange nicht vorbei.
Bei uns in der Herstellung entstehen auch Kooperationen mit Entwicklern – wenn beispielsweise Wörterbücher in eine App eingebunden werden sollen oder es neue Software gibt, um Daten für selbige zusammenzutragen.
Über all diesen Stationen steht dann der Verleger/Geschäftsführer. Er hat bei uns Einblick in alle diese Bereiche und lässt sich in Sitzungen oder kurzen Einzelgesprächen immer wieder auf den neuesten Stand bringen, sodass er über jedes Buch Bescheid weiß, das grade im Verlag bearbeitet wird. Er segnet Vertragsschließungen ab und wirft einen letzten Blick auf Cover oder Kostenvoranschläge von außen. Hier laufen dann alle Fäden zusammen, sodass wir immer wieder wunderhübsches neues Buchmaterial in Händen halten können.
[…] Seit gut einem Jahr bin ich jetzt tatsächlich und wahrhaftig im Verlagswesen unterwegs. Ich habe im Lektorat gearbeitet, in Herstellungsprozesse geschnuppert, im Tagesgeschäft des Vertriebs mitgeholfen (wer das gerne noch mal aufgedröselt haben möchte, folge diesem Link.) […]